Heute schon in den Spiegel geschaut?

20200131-Spiegel

Wenn du in den Spie­gel schaust und fin­dest dich nicht schön, dann hast du nicht rich­tig geschaut.“
Sufi-Meis­ter Pir Vil­a­yat Ina­yat Khan

Die­ses Zitat hat mich zu einer 3‑Stu­fen-Übung inspiriert:

Grundübung

Stelle dich gleich nach dem Auf­ste­hen vor den Spie­gel und schau in dein Gesicht. Es emp­fiehlt sich, das Bade­zim­mer rich­tig schön aus­zu­leuch­ten, sonst ver­passt du was!

Stufe 1

Wie lange dau­ert es, bis der Reflex ver­schwin­det, sofort etwas an dei­nem Aus­se­hen ver­än­dern zu wol­len? Dazu gehört zum Bei­spiel der tiefe Wunsch, ein Pickel aus­zu­drü­cken, Här­chen zu zup­fen oder eine extra Schicht Fal­ten­glät­ter mit Q‑irgendwas auf­zu­tra­gen. Wenn du dein pures Gesicht, wie es gerade ist, gelas­sen betrach­ten kannst und sich alle O‑mein-Gott-wie-schreck­lich-Gedan­ken gelegt haben, hast du Stufe 1 geschafft. Aber so rich­tig schön fin­dest du dich ver­mut­lich noch nicht.

Stufe 2

Dran­blei­ben ist alles. Ver­su­che durch all die ver­meint­li­chen Makel hin­durch­zu­se­hen. Beob­achte, wie dadurch Mut­ter­male, rote Äder­chen und der­glei­chen auf wun­der­same Weise ver­blas­sen. Schaue so lange hin, bis du im Spie­gel dein frü­hes kind­li­ches Gesicht erkennst. Sieh’ wie es strahlt und leuch­tet, unbe­rührt von Raum und Zeit. Bli­cke in diese Ewig­keit hin­ein, in die­ses Licht, das nie weg war und immer sein wird. Das bist du! Wenn du dich jetzt schön fin­dest, hast du Stufe 2 erreicht.

Stufe 3

Mög­li­cher­weise hast du trotz erfolg­rei­cher Stufe 2 das Bedürf­nis, dein Gesicht zu opti­mie­ren. Kein Pro­blem. Die 3. Stufe spielt sich aus­ser­halb des Bade­zim­mers ab, in dei­ner Fami­lie, bei der Arbeit, im Ver­ein, beim Ein­kau­fen, über­all dort, wo andere Men­schen sind. Schaffst du es, auch in dei­nem Gegen­über das ewige Strah­len durch die vor­der­grün­di­gen Schwä­chen hin­durch zu erken­nen, dann hast du das höchste Ziel erreicht: Du fin­dest dich und dei­nen Nächs­ten glei­cher­mas­sen schön. Und damit ver­wan­delst du auch gleich das Wort „schön“ in die tiefste Form von Liebe.

Dein inneres Licht

Bei die­sen 3 Stu­fen han­delt es sich im Grunde um einen Pro­zess, der ver­mut­lich ein Leben lang andau­ert, Geduld mit dir sel­ber und Wil­lens­kraft for­dert. Doch mit jedem Mal wächst die Fähig­keit, dich anzu­neh­men, wie du bist.

Unter­liege nicht der Ver­su­chung, Stufe 2 zu über­sprin­gen, weil es ein­fa­cher scheint, im Aus­sen zu üben. Wenn du das Licht nicht zuerst in dir sel­ber erkennst, wirst du beim Gegen­über am Pickel hän­gen blei­ben und ledig­lich Rat­schläge fürs per­fekte Aus­drü­cken parat haben. Das mag eine Hilfe sein, jedoch nicht in der Tiefe einer Begeg­nung, die eigent­lich mög­lich wäre.

einfach-sein-tabi

Wer schreibt da?

Mein Name ist Tanja Bischof­ber­ger. Über das Sein zu schrei­ben ist im Grunde ein Wider­spruch. Was ohne Gren­zen ist, schränke ich durch Begriffe nur ein. Den­noch liebe ich es, über Sein-Erfah­run­gen zu berich­ten. Dadurch öff­net sich viel­leicht hie und da eine Tür bei einem Men­schen, sich eben­falls auf die­sen wun­der­ba­ren Weg zu machen bzw. anzu­kom­men. Viel­leicht auch du?