Deine Ankunft auf dieser Erde
Meine Ankunft auf dieser Erde liegt völlig im Dunkeln. Nicht nur deshalb, weil ich mich nicht mehr an meine Geburt erinnere. Ich kenne nämlich niemanden, der mir davon erzählen könnte, nicht mal meine Mutter. Hinter der Türe eines Waisenhauses, mitten in der Hauptstadt von Bangladesh, wurde ich gefunden und in Empfang genommen. Ein paar Monate später war ich bereits unterwegs in die Schweiz zu meinen Adoptiveltern.
Als ich letzte Woche auf der Webseite meine Kurzbiografie überarbeitet habe, ist mir diese Tatsache wieder einmal bewusst geworden. Dabei fragte ich mich, wie wichtig es für uns Menschen ist, etwas über die Umstände unserer Geburt zu erfahren. Ich weiss nicht, wie es ist, wenn man es weiss. Aber ich weiss, dass ich eine unglaubliche Kraft aus meinem Nichtwissen schöpfe. Es ist eine spezielle Form von Freiheit, die mich seither durch mein ganzes Leben trägt.
Noch etwas war anders, als bei einer „normalen“ Ankunft eines Kindes. Ich wurde insgesamt dreimal in Empfang genommen. Zuerst von meiner leiblichen Mutter, die mir das Leben schenkte. Dann von den Betreuerinnen des Waisenhauses, später von meiner neuen Familie. Klar, ich wurde auch zweimal weggegeben. Aber mit diesem Weggeben wurde mir viel Hoffnung auf ein besseres Leben mitgegeben. Wie könnte ich darüber traurig oder enttäuscht sein?
Wochen-Aufgabe
Besinne dich während der Woche zurück an deine Ankunft auf dieser Erde. Wer kann dir davon erzählen? Vielleicht suchst du Geburtsfotos hervor? Oder spürst du jetzt deine Narbe wieder, weil dir niemand etwas mitteilen kann? Wie wichtig ist es für dich, etwas über deine Geburtsumstände zu wissen? Wenn du magst, schreibe mir gerne eine E‑Mail. Mich interessiert der Austausch mit Menschen, die alles oder nichts über ihre Herkunft wissen.
Wochen-Zitat
Spannend, wie sehr diese Aussage von Sokrates auch mit der östlichen Philosophie in Einklang steht. Könnten wir nämlich die Identifizierung mit einem bestimmten Ort, Land oder Volk auf die gesamte Welt ausdehnen, würden wir anders miteinander umgehen: Wir wären einfach Menschen, die auf dieser Welt leben.
Dann spielt es keine Rolle, was meins ist und deins. Denn nur weil ich deins besser finde als meins, will ich nicht nur meins, sondern auch deins. Und wenn du mir deins nicht gibst, dann mache ich es zu meinem und geb’ dir dafür eins auf den Deckel. Etwas schlicht ausgedrückt, aber so kommt’s am Ende zum Krieg, egal worum es im Grunde geht.
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