Von Ungeheuern, Engeln und einer kleinen Insel

Insel Iona mit Iona Abbey

Nun darf ich das glaube ich erwäh­nen: Ich schreibe fleis­sig an einem Buch, was in der Som­mer­hitze nicht immer so ein­fach war. Ein Memoir über mei­nen spi­ri­tu­el­len Weg (und über Schott­land). Ein ers­tes Lek­to­rat ist erfolgt und ich befinde mich mit­ten in der Über­ar­bei­tung. Dabei bin ich auf etwas für mich doch sehr Uner­war­te­tes gestossen.

Eine Insel als spirituelles Zentrum

Bis zur Pan­de­mie bin ich seit 1998 min­des­tens ein­mal pro Jahr nach Schott­land gereist. Ins­be­son­dere eine kleine Insel von 8.8 km² hat es mir ange­tan: Iona. Das unschein­bare, kaum besie­delte, bei­nah fla­che und recht karge Eiland bringt his­to­risch und spi­ri­tu­ell ordent­lich was auf die Waage. Hier grün­dete der iri­sche Mönch Colum­ban Ende des 6. Jahr­hun­derts sein ers­tes Klos­ter, wel­ches als Wiege des kel­ti­schen Chris­ten­tums in ganz Schott­land und Nord­eng­land galt.

Iona bekommt in mei­nem Buch selbst­ver­ständ­lich auch einen ange­mes­se­nen Raum und somit habe ich die­ses Fleck­chen Erde noch ein­mal genauer unter die Lupe genom­men. Ganz unver­hofft stiess ich auf die Auf­zeich­nun­gen von Adam­nán, den neun­ten Abt von Iona, der das Leben von Colum­ban fest­ge­hal­ten hat. Eini­ges war mir tat­säch­lich nicht bekannt, obwohl ich mehr als zehn Mal da war.

Der Mönch, das Ungeheuer und die Engel

In der «Vita S. Colum­bae» fin­det sich die erste Erwäh­nung des Unge­heu­ers von Loch Ness. Colum­ban, der auch einen guten Draht zu Tie­ren hatte (egal wel­cher Gat­tung), über­zeugte ein mäch­ti­ges Was­ser­we­sen im Fluss Ness davon, einen Gefolgs­mann wie­der auf freien Fuss zu set­zen, anstatt ihn zu ver­spei­sen. So geschah es auch. Das Mons­ter war wohl bereits auf dem Weg zum Loch Ness (See Ness), als es Hun­ger bekam.

Colum­ban war aber auch bekannt für seine Begeg­nun­gen mit Engeln. Auf dem so gen­an­ten Engels­hü­gel auf Iona (immer­hin, den kannte ich), wurde der Mönch mehr­fach dabei beob­ach­tet, wie auf einer Art Him­mels­lei­ter die Engel auf- und abstie­gen und mit ihm spra­chen. Die Licht­we­sen waren aber sehr scheu und ver­schwan­den, sobald sie sich ander­wei­tig beob­ach­tet fühlten.

Der iri­sche Mönch beherrschte zudem die Ele­mente und ver­hin­derte, dass ein Stück Salz im Feuer ver­brannte oder ein beschrie­be­nes Per­ga­ment­blatt vom Was­ser beschä­digt wurde. Er heilte Kranke, ver­wan­delte Was­ser in Wein (kennt man ja schon), äus­serte Pro­phe­zei­un­gen, die sich wirk­lich erfüll­ten und ver­trieb auch mal einen Dämon, der sich in einer Milch­kanne versteckte.

Verhandlungen über das Sterben

Sei­nen Tod han­delte Colum­ban mit dem Herr­gott per­sön­lich aus und ver­ein­barte, dass er am letz­ten Tag sei­nes dreis­sigs­ten Lebens­jah­res in die himm­li­schen Sphä­ren heim­keh­ren durfte. Die Engel­we­sen waren an besag­ten Tag bereits unter­wegs, um ihn abzu­ho­len, als in letz­ter Minute Gott per­sön­lich ein­griff. Schein­bar waren von Kir­che und Gläu­bi­gen zu viele Für­bit­ten und Hil­fe­rufe an den Mönch abge­setzt wor­den, sodass sein Abtre­ten von der Welt­bühne nicht zu ver­ant­wor­ten war. Gott for­derte auf den Tag genau vier wei­tere (Dienst-)Jahre, denen Colum­ban zustimmte. Der zweite Ver­such erfolgte ohne Zwi­schen­fälle. Der hei­lige Mann hielt am Abend noch eine Andacht für seine Klos­ter­brü­der, legte sich anschlies­send hin und entschlief.

Heilige Orte

Wenn ich mich an meine Besu­che auf Iona erin­nere, erklärt die­ses nach­träg­li­che Wis­sen über Colum­ban viel­leicht auch die tat­säch­lich für mich spür­ba­ren Schwin­gun­gen auf die­ser Insel. Bis­lang emp­fand ich an kei­nem ande­ren Ort eine sol­che uralte und tiefe Ver­bin­dung zwi­schen Him­mel und Erde. Als wehte einem da ein hei­li­ger Wind um die Nase.

Fühlst du auch zu einem bestimm­ten Ort eine ein­zig­ar­tige Ver­bin­dung? Das muss ja nicht weit weg sein, viel­leicht ist es der Apfel­baum im hei­mi­schen Gar­ten oder ein bestimm­ter Stein, auf den du dich gerne setzt.
Die Herbst­mo­nate eige­nen sich her­vor­ra­gend dafür, solch wun­der­ba­ren Ver­flech­tun­gen auf die Spur zu kom­men. Sei es in der Natur oder in dir selbst. Spürst du das hei­lige Lüft­chen in dei­nem Da-Sein?

P.S.:
Die Ori­gi­nal-Auf­zeich­nun­gen von Adam­nán befin­den sich in der Stadt­bi­blio­thek Schaff­hau­sen. Das Manu­skript wurde digi­ta­li­siert und du kannst es dir HIER anse­hen und durch die Sei­ten blät­tern (auf das kleine Bild mit der Hand­schrift klicken).

einfach-sein-tabi

Wer schreibt da?

Mein Name ist Tanja Bischof­ber­ger. Über das Sein zu schrei­ben ist im Grunde ein Wider­spruch. Was ohne Gren­zen ist, schränke ich durch Begriffe nur ein. Den­noch liebe ich es, über Sein-Erfah­run­gen zu berich­ten. Dadurch öff­net sich viel­leicht hie und da eine Tür bei einem Men­schen, sich eben­falls auf die­sen wun­der­ba­ren Weg zu machen bzw. anzu­kom­men. Viel­leicht auch du?