Das Joker-System
Im letzten Blog stand die Leere im Vordergrund. Nun ist es an der Zeit, wieder über etwas Handfestes und Alltagstaugliches zu schreiben. Also Vorhang auf für das Joker-System!
Das System hilft dir dabei, Momente des Seins in deinem Alltag einzubauen. Denn sei ehrlich: Zuerst kommen meistens die anderen (Familie, Beruf, Freizeit, Freunde) und wenn dann noch Zeit ist, versuchst du ein paar tiefe Atemzüge und Yoga-Übungen am Ende des Tages reinzuquetschen und schläfst dabei ein (was ja auch sehr entspannend ist). Um das zu ändern, spielst du ab jetzt einfach einen Joker.
Warum Joker?
Du kennst bestimmt diese spezielle Spielkarte, die du zu jedem Zeitpunkt einsetzen und ihr je nach Variante sogar einen beliebigen Wert zuteilen kannst.
Der Joker wird auf der Spielkarte meistens als Narr dargestellt und weist damit auf die Stellung des Hofnarrs im Mittelalter hin. Der durfte nämlich als einziger die königlichen Herrschaften kritisieren bzw. die Wahrheit sagen sowie Adelige parodieren (ohne lebensbedrohliche Konsequenzen).
Sich die Erlaubnis geben
Wie der Joker-Narr darfst du dir selber ab und zu die Erlaubnis geben, etwas nicht zu tun, was andere von dir erwarten oder was du dir selber als Erwartung auferlegst.
Wie befreiend sich das anfühlt, dir gerade mitten im Trubel und den Verantwortungen eine kleine Atempause zu gönnen! Sich diese Erlaubnis zu geben, hat nichts mit Egoismus zu tun, sondern vielmehr mit Selbstfürsorge. Wie kannst du anderen eine Stütze sein, wenn du selber keinen Halt hast?
Die Achtsamkeit gegenüber dir selber macht dich resistent, gelassen und kraftvoll. Es ist keine Niederlage, auch einmal Nein zu sagen oder deine Grenzen zu benennen. Im Gegenteil: Du schaffst dir damit den Nährboden, um anderen Gutes zu tun und für sie da zu sein.
Und so geht’s
Du legst für eine bestimmte Tätigkeit den Zeitraum und eine Anzahl Joker fest. Schreibe dir das genauso auf, z. B. für die Tätigkeit x stehen mir pro Woche / Monat / Jahr y Joker zu. Dieses Aufschreiben ist wichtig, es ist sozusagen ein Vertrag, den du mit dir selber schliesst.
Lass deine Intuition entscheiden, wann es Zeit für einen Einsatz ist. Dann lässt du die Aufgabe / Tätigkeit einfach sein. Notiere dir den Joker-Einsatz und halte schriftlich fest, wie es dir dabei erging und wie du die Zeit verbracht hast.
Am Anfang braucht es vielleicht Überwindung, vor allem wenn es um andere Menschen geht. Doch genau hier liegt etwas Schönes verborgen: Wenn du dir selber die Erlaubnis für einen Joker gibst, lädst du andere ebenfalls dazu ein, sich diese Erlaubnis in ihrem eigenen Lebenskontext zu geben. Und so geht es immer weiter.
Gut zu wissen
Um dem Joker-Effekt noch mehr Wirksamkeit zu verleihen, achte auf folgende Punkte:
- Wenn du den Joker ziehst, habe kein schlechtes Gewissen. Wenn zu Beginn ein solches vorhanden ist, reflektiere darüber. Was steckt dahinter? Ist es die Angst vor Ablehnung? Oder ein Glaubenssatz, dass du erst ganz am Schluss an die Reihe kommst?
- Setze den Joker dann ein, wenn es dir gut geht und du Energie hast. Warte nicht bis zur totalen Erschöpfung. Wenn du krank bist, sonstige höhere Gewalten im Spiel sind oder ein Termin wichtiger ist, brauchst du keinen Joker.
- Wähle auch Tätigkeiten aus, die du liebst. Denn oft liegt gerade da die Gefahr, eine Überforderung zu übersehen.
- Du musst nicht alle festgelegten Joker ziehen, wenn dir nicht danach ist. Allein die Erlaubnis beflügelt bereits.
- Verbringe die Joker-Zeit ganz im Sein, so wie es für dich stimmt. Das kann ein Spaziergang in der Natur sein, ein Tanz, schreiben, Musik hören, meditieren. Tätigkeiten, die nur für dich sind und bei denen du alles um dich herum vergisst.
Das Joker-System in der Partnerschaft
In der Partnerschaft könnt ihr die Joker auch gegenseitig abgeben. Vereinbart eine Anzahl Joker pro Woche / Monat / Jahr für Kinder ins Bett bringen, mit dem Hund Gassi gehen, einkaufen, kochen etc.
Auch eine Umkehrung des Joker-Systems ist möglich, z. B. MUSS der andere an einem Familientreffen oder Business-Anlass teilnehmen, wenn du einen Joker ziehst.
Natürlich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, solche Dinge auch ohne Joker zu regeln :-). Aber mit einem System wird das Ganze etwas offizieller und damit auch bewusster. Probiert es mal aus!
Mein letzter Joker-Einsatz…
… ist noch keine Woche alt. Ich habe mir für die 19 Live-Meditationen in der laufenden Saison zwei Joker zugeteilt. Letzten Dienstag war es soweit und ich habe zum ersten Mal in diesem Bereich die Karte gezogen. Die Reaktionen waren sehr positiv und haben mich dazu bewogen, darüber einen Blog zu schreiben.
Wer schreibt da?
Mein Name ist Tanja Bischofberger. Über das Sein zu schreiben ist im Grunde ein Widerspruch. Was ohne Grenzen ist, schränke ich durch Begriffe nur ein. Dennoch liebe ich es, über Sein-Erfahrungen zu berichten. Dadurch öffnet sich vielleicht hie und da eine Tür bei einem Menschen, sich ebenfalls auf diesen wunderbaren Weg zu machen bzw. anzukommen. Vielleicht auch du?