Der Weihnachtspinguin
Der Pinguin
Bist du schon in (Vor-)Weihnachtsstimmung? Also ich bin eine überzeugte Dekor-Minimalistin mit gleichzeitig fehlendem Talent fürs Plätzchen backen. Wahrscheinlich würde ich es noch schaffen, etwas Lebkuchen-Aromaöl in die Schale einer Duftlampe zu tröpfeln, aber davon kriege ich Kopfschmerzen. In diesem Jahr steht ausserdem statt «O Tannenbaum» vielmehr «Hayya Hayya» als Fussball-WM-Hymne auf dem Musikprogramm (ich mag Fussball, aber doch nicht im Winter!). Du ahnst es, so richtig feierlich war mir am ersten Advent noch nicht zumute. Bis ich auf den Weihnachtspinguin gestossen bin (s. Bild oben). Eine liebe Arbeitskollegin hat ihn mir vor etlichen Jahren geschenkt, danke Daniela!
Das putzige Tierchen aus Ton guckte mich direkt auf Augenhöhe an, als ich die spärlichen Dekor-Utensilien aus dem Schrank holen wollte. Das war seltsam, denn ich öffne diese Türe ja nicht nur in der Adventszeit, doch der vielsagende Blick unter der Nikolausmütze fiel mir erst jetzt auf. Als wolle er mich fragen, was mir denn Weihnachten eigentlich bedeutet. Hm. In der Tat, da hat sich einiges gewandelt. Ich schnappte mir also den Weihnachtspinguin, setzte mich aufs Sofa und gönnte mir ein paar Augenblicke der Reflexion.
Die «Frohe Botschaft»
Was war an Weihnachten geschehen? Ein Kind namens Jesus wurde geboren. Das war etwas ganz Besonderes, denn mit dieser Geburt hat sich Gott in menschlicher Form gezeigt. Jesus lebte in diesem Bewusstsein, dass er das Göttliche in sich trug, da er selbst aus dem Göttlichen erschaffen war. All die späteren Wundertaten vollbrachte nicht er als Mensch, sondern weil Gott dies durch ihn bewirkte. Jesus betonte immer wieder, dass der Ewige und er eins seien: «Glaubst du nicht, dass ich im Vater bin und der Vater in mir? Die Worte, die ich zu euch rede, die rede ich nicht aus mir selbst. Der Vater aber, der in mir bleibt, der tut seine Werke».
Die «Frohe Botschaft», so wie ich sie wahrnehme, hat ihre Gültigkeit von damals nicht verloren: Ich und wir alle sind dazu eingeladen, ebenfalls in dieses Bewusstsein einzutauchen und erfüllt vom Göttlichen ganz Mensch zu sein. Jesus wollte das schon seinen Jüngern beibringen, indem er sagte: «Das Himmelreich Gottes ist inwendig von euch». So haben auch wir die Möglichkeit, in unser eigenes Inneres zu schauen und so tief zu gehen, bis wir als Urgrund von unserem Dasein die Freude, den Frieden und die unendliche Liebe finden. Weihnachtsgefühle 2.0, sozusagen. Wir dürfen selbst zum Geschenk für andere werden, wenn wir uns mit dem Ewigen als eines erkennen. Und das jeden Tag!
Mystische Weihnachtsgedanken
Diese Gedanken und Empfindungen entsprechen eher der Mystik als der kirchlichen Tradition. Ich bin zwar im christlichen Glauben aufgewachsen und habe ihn auch angenommen, doch heute fühle ich mich da zu Hause, wo die direkte Gotteserfahrung im Zentrum steht, wie zum Beispiel bei Meister Eckehart (1260–1328): «Gott und ich, wir sind eins. Durch das Erkennen nehme ich Gott in mich hinein, durch die Liebe hingegen, gehe ich in Gott ein».
Ich muss nicht an Gott glauben, ich darf ihn erfahren, unmittelbar und unabhängig von einer bestimmten Lehre. Und so hat sich für mich Weihnachten in eine alltägliche Lebenshaltung gewandelt.
Vielleicht magst du gerade die Adventszeit nutzen, um selbst in dein Inneres zu schauen? Die Stille ist es, die dir diesen verborgenen Raum öffnet. Lausche nur in dich hinein, mit der Zeit verschwindet das Geplapper deiner Gedanken. Dann spürst du die ewige Freude und Liebe, die sich mit jedem Mal ausdehnt und sich in liebevollen Handlungen in deinem Menschsein ausdrücken will.
Und ja, wenn du magst, schmückst du selbstverständlich dein Heim, backst was das Zeug hält, und hörst dir poppige Weihnachtssongs an. Während du dies tust, lächelst du in dich hinein, denn das Göttliche ist schon längst da und lächelt zurück. Jedenfalls erging es mir so, als ich den Weihnachtspinguin an seinen gewohnten Platz in der bescheidenen Dekor-Umgebung stellte.
Mit einem weiteren Zitat von Meister Eckhart wünsche ich dir eine stille und besinnliche Advents- und Weihnachtszeit.
«Immer ist die wichtigste Stunde die gegenwärtige;
immer ist der wichtigste Mensch, der dir gerade gegenübersteht;
immer ist die wichtigste Tat die Liebe.»
Wer schreibt da?
Mein Name ist Tanja Bischofberger. Über das Sein zu schreiben ist im Grunde ein Widerspruch. Was ohne Grenzen ist, schränke ich durch Begriffe nur ein. Dennoch liebe ich es, über Sein-Erfahrungen zu berichten. Dadurch öffnet sich vielleicht hie und da eine Tür bei einem Menschen, sich ebenfalls auf diesen wunderbaren Weg zu machen bzw. anzukommen. Vielleicht auch du?