Eine kleine Schule des Willens – Teil 1

Bestimmt warst du schon von Men­schen beein­druckt, die schein­bar mühe­los grosse Ziele erreicht haben. Oder du bewun­derst eine Pflanze, die trotz fel­si­gem Grund wächst und gedeiht. Wünschst du dir in sol­chen Momen­ten auch etwas mehr Wil­lens­kraft, um ein bestimm­tes Vor­ha­ben zu begin­nen, vor­wärts­zu­kom­men oder end­lich zu beenden?

Eine kleine Schule des Willens
Bild von Eugen Visan auf Pixabay

Was dir die Willensschulung bringt

Die kleine Schule des Wil­lens hilft dir dabei, die­ser kom­ple­xen und hoch­wirk­sa­men Kraft auf die Spur zu kom­men. Einem rea­li­sier­ten Traum, einer umge­setz­ten intui­ti­ven Ein­ge­bung oder aber auch dem akti­ven Han­deln in Kri­sen­si­tua­tio­nen liegt stets ein Wille zugrunde.

Erst mit dem not­wen­di­gen Wil­len kannst du dein Poten­zial und deine Fähig­kei­ten in Bewe­gung und zum Erblü­hen brin­gen. Damit meine ich jedoch nicht das ver­bis­sene Erzwin­gen gegen die eigene Natur, son­dern die Erkennt­nis, immer eine Wahl zu haben und eine Hand­lungs­mög­lich­keit zu fin­den, egal in wel­cher Situation.

Die 4 Aspekte des Willens

Die Wil­lens­kraft ist nicht bloss die Kraft, die du für die Umset­zung auf­wen­den musst, son­dern vor allem auch die Kraft, die du bekommst, weil du etwas umsetzt. Selbst­ver­ständ­lich ist es manch­mal anstren­gend und for­dert eini­ges von dir ab, das wäre ja sonst viel zu ein­fach ;-). Kennst du aber die Psy­cho­lo­gie des Wil­lens, fin­dest du Lösun­gen auf krea­tive Weise. Damit ver­setzt du dich in einen schöp­fe­ri­schen Pro­zess und befin­dest dich bereits nicht mehr in der Opfer­hal­tung oder im Problem-Modus.

Die­ser erste Teil han­delt von den vier Aspek­ten des Wil­lens*. Sind in einem Vor­ha­ben alle Aspekte har­mo­nisch ver­tre­ten, steht dir viel mehr Ener­gie für die Umset­zung zur Ver­fü­gung. Für die prak­ti­sche Umset­zung bekommst du 4 Übun­gen als Starthilfe.

Der starke Wille

Im übli­chen Sprach­ge­brauch wird Wil­lens­kraft meis­tens mit dem star­ken Wil­len gleich­ge­setzt. Dis­zi­plin, Bestän­dig­keit, Mut, Hart­nä­ckig­keit, Ener­gie aber auch kraft­volle Bewe­gun­gen pas­sen als Umschrei­bung. Auf einen star­ken Wil­len bist du ange­wie­sen, um über­haupt lebens­fä­hig zu sein. Beob­achte, mit wel­cher Aus­dauer ein Kind immer wie­der auf­steht, bis es schliess­lich lau­fen kann. Der starke Wille lässt dich auch über dich hin­aus­wach­sen und setzt in dir unge­ahnte Kräfte frei, denn Lei­den­schaft ist der Antrieb. Viel­leicht willst du unbe­dingt eine bestimmte Ver­an­stal­tung besu­chen und setzt dazu Him­mel und Hölle in Bewe­gung, vom eigent­lich nicht vor­han­de­nen Geld bis zur Kinderbetreuung.

Wird der starke Wille aber iso­liert gelebt, ent­wi­ckelt sich dar­aus oft Rück­sichts­lo­sig­keit, Stur­heit, Ego­is­mus und führt zu einem enor­men Ener­gie­ver­schleiss, wenn damit etwas erzwun­gen wird.

Übung
Den star­ken Wil­len kannst du sehr gut trai­nie­ren, da es im All­tag von Mög­lich­kei­ten wim­melt. Wähle etwas aus (z. B. die Treppe statt den Lift, auf 10 Zäh­len, bevor du dei­nem Lieb­lings­men­schen etwas vor­wirfst) und mache es ein­fach. Immer. Punkt.
Über mög­li­che Argu­mente, wes­halb „immer“ nicht immer gehen soll, kom­men wir ein ander­mal. Sollte es zu einem Unter­bruch in der Durch­füh­rung kom­men, machst du am nächs­ten Tag ein­fach wei­ter, als wäre nichts geschehen.

Der geschickte Wille

Hast du dir schon mal über­legt, wie gezielt und schlau du den Wil­len ein­set­zen kannst? Du hast ein Auto und willst von A nach B. Jetzt hast du die Mög­lich­keit, das Auto von A nach B zu schie­ben. Tönt ziem­lich dane­ben und vor allem anstren­gend, ent­spricht aber dem allzu oft ange­wen­de­ten impul­si­ven Drauf­los­stür­men, ohne vor­her zu über­le­gen. Du gehst effi­zi­en­ter vor, wenn du dich ins Auto setzt, den Motor anlässt und fährst. Der geschickte Wille benö­tigt meis­tens mehr Zeit (z. B. Fahr­stun­den), bie­tet aber dann unzäh­lige Mög­lich­kei­ten (du kommst prak­tisch über­all hin, nicht nur nach B). Die Krea­ti­vi­tät spielt dabei eine wich­tige Rolle, aber auch die Fle­xi­bi­li­tät, der Ent­de­ckungs­geist, die Anpas­sungs­fä­hig­keit und die Intuition.

Die Gefah­ren beim geschick­ten Wil­len lie­gen darin, ziel­los von einer Idee zur nächs­ten zu wan­dern, sich zu ver­lie­ren, weil die Fähig­keit zur Ent­schei­dung fehlt. Der geschickte Wille kann auch miss­braucht wer­den, um andere zu manipulieren.

Übung
Tau­che bei der Suche nach Lösun­gen tie­fer ab als gewohnt. Das Gehirn, effi­zi­ent wie es ist, schickt dir zuerst die Vor­schläge, die bis­her gut funk­tio­niert haben. Nimm das zur Kennt­nis, frage dich aber trotz­dem wei­ter, ob es noch andere, neue Wege gibt. Bleibe in die­ser offe­nen und auf­merk­sa­men Hal­tung. Manch­mal fin­dest du eine Ant­wort in einem Song­text oder unter der berühm­ten Dusche.

Der gute Wille

Mit einem iso­lier­ten star­ken und geschick­ten Wil­len ent­steht viel Scha­den, was Men­schen in Macht­po­si­tio­nen immer wie­der unter Beweis stel­len. Der gute Wille macht den Unter­schied. Der Mensch lebt nicht für sich allein, er ist stets mit einem Umfeld ver­floch­ten. Daher beein­flus­sen deine Ziele in irgend­ei­ner Weise auch andere (Fami­lie, Freund*innen, Arbeitskolleg*innen, die Gesell­schaft, die Umwelt etc.). Selbst wenn es dein Ziel ist, Men­schen zu hel­fen, was ja per se ein guter Wille ist, brauchst du den Blick über den Tel­ler­rand. Frage dich also immer, ob dein Vor­ha­ben jemand ande­rem scha­det oder zu Kon­flik­ten führt. Kon­flikte sol­len dich nicht von dei­nem Weg abhal­ten, im Gegen­teil. Doch auch sie mögen am Ende dem Guten die­nen, ver­bin­den statt trennen.

Unge­sund äus­sert sich der gute Wille, wenn er ein­sei­tig ein­ge­setzt und stur auf ein bestimm­tes Ziel, und sei es noch so edel, gerich­tet ist, ohne die so oder so vor­han­de­nen Ver­knüp­fun­gen zu beach­ten. Oder aber auch, wenn ein ver­steck­tes Motiv zugrunde liegt, wie es bei­spiels­weise beim Hel­fer­syn­drom der Fall ist.

Übung
Zu einem guten Wil­len fin­dest du, wenn du dich in der Ein­füh­lung übst. Auch dazu fin­den sich im All­tag viele Mög­lich­kei­ten. Bevor du beim Kaf­fee­klatsch unüber­legt die all­ge­meine Mei­nung über­nimmst, ver­su­che dich in die andere Seite hin­ein­zu­füh­len. Es geht nicht darum, für alles und jeden ebenso unge­fil­tert Empa­thie zu emp­fin­den. Hier geht es um die Ent­wick­lung der Fähig­keit, eine andere Sicht­weise über­haupt ein­mal zuzu­las­sen. Das ist nicht immer einfach.

Der höhere Wille

Ach­tung, nun bewe­gen wir uns in der Meta-Ebene, bitte anschnal­len! Es gibt einen Grund, wes­halb die­ser Aspekt gerne ver­ges­sen geht. Wer kann schon bewei­sen, ob es über­haupt einen höhe­ren Wil­len gibt? Nie­mand, nur die eigene Erfah­rung. Und das ist bekannt­lich kein Beweis, da nicht all­ge­mein über­trag­bar. Doch vor der Erfah­rung steht die Sehnsucht.

Mei­ner Mei­nung nach ruht in jedem von uns Men­schen eine tiefe Sehn­sucht, die über die indi­vi­du­el­len und ego­is­ti­schen Ziele hin­aus geht. Teil von etwas Grös­se­rem sein, sich mit dem Gött­li­chen ver­bin­den, das Ich-Gefühl los­las­sen, erwa­chen, Erleuch­tung, das sind Begriffe zur Umschrei­bung die­ser Sehn­sucht. Auch wenn du die­ses Bedürf­nis im Moment nicht ver­spürst, kann es den­noch in dir exis­tie­ren. In allem was wir tun, strebt ein Teil in uns, ob bewusst oder unbe­wusst, nach die­ser höhe­ren Erfahrung.

Der Psy­cho­loge Abra­ham Maslow hat kurz vor sei­nem Tod seine Bedürf­nis­py­ra­mide mit der „Tran­szen­denz“ (alles, was über das üblich Wahr­nehm­bare / Erfahr­bare hin­aus geht) um eine 8. Stufe erwei­tert. Nach der Stufe der Selbst­ver­wirk­li­chung, die in unse­ren Brei­ten zur­zeit sehr im Trend liegt, folgt also ein wei­te­res Bedürf­nis, näm­lich all das Erreichte wie­der los­zu­las­sen. Damit ist nicht das Auf­ge­ben oder Been­den gemeint, son­dern ein ver­än­der­ter Bezug dazu. „Nicht-Anhaf­ten“ oder „Nicht-Iden­ti­fi­ka­tion“ nen­nen es die öst­li­chen Phi­lo­so­phien. Erst dann ist die Sehn­sucht gestillt und macht der erfül­len­den Zufrie­den­heit Platz.

Was hat das nun mit dem Wil­len zu tun? Mög­li­cher­weise han­delt es sich um das Tüp­fel­chen auf dem i. Du hast den star­ken, den geschick­ten und den guten Wil­len kul­ti­viert, alles mit Herz­blut umge­setzt, was es umzu­set­zen gibt, den­noch stockt dein Vor­ha­ben? Es lohnt sich, dich in die­sem Fall zu fra­gen, ob dein Ziel auch mit dem höhe­ren Wil­len har­mo­niert. Bringt es dich die­sem Ur-Bedürf­nis nach Tran­szen­denz näher oder ent­fernt es dich? Manch­mal genügt es schon, sich ein­fach ein biss­chen von allem zu lösen, sich inner­lich zu distan­zie­ren und die Hal­tung eines Beob­ach­ters ein­zu­neh­men, um das feh­lende Puz­zle­teil­chen an Erkennt­nis zu finden.

Auch der höhere Wille birgt Gefah­ren. Er kann zu All­machts­phan­ta­sien füh­ren, zur Über­zeu­gung, die ganze und für alle gel­tende Wahr­heit zu besit­zen und diese ande­ren aufzuzwingen.

Übung
Wie schon erwähnt, den höhe­ren Wil­len kannst du nur sel­ber erfah­ren. Alle Berichte, Schu­lun­gen und Gebrauchs­an­wei­sun­gen zur Tran­szen­denz die­nen dir ledig­lich als Inspi­ra­tion und Moti­va­tion, dich auf deine eigene Suche zu machen. Die wohl wich­tigste Übung dafür, seit Jahr­tau­sen­den erprobt, ist die Medi­ta­tion, denn sie ver­eint gleich­zei­tig alle vier Aspekte des Wil­lens. Wenn du jetzt den geschick­ten Wil­len ein­setzt, machst du nur diese Übung und lässt die ande­ren drei blei­ben… ;-). Du weisst nicht, wie du mit medi­tie­ren begin­nen sollst? Damit kannst du star­ten: ein­fach. sein. LIVE.


Im 2. Teil erfährst du, wie der geschickte Wille mit dei­nem Schick­sal zusammenhängt.

Wenn du Fra­gen zum Thema Wil­len hast, schreibe mir ein­fach eine E‑Mail.

Nun wün­sche ich dir viel Freude beim Erkun­den dei­nes Wil­lens und
sei ein­fach. intuitiv.!

* Die vier Aspekte des Wil­lens stam­men aus dem Buch „Die Schu­lung des Wil­lens“ des ita­lie­ni­schen Arz­tes und Psych­ia­ters Roberto Assagioli (1888–1974). Die Wil­lens­schu­lung ist wie­derum Teil der von ihm eben­falls ent­wi­ckel­ten Psy­cho­syn­these. Im August besuchte ich dazu eine mehr­tä­gige Wei­ter­bil­dung, die mich zu die­ser Blog-Serie inspirierte.

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Wer schreibt da?

Mein Name ist Tanja Bischof­ber­ger. Über das Sein zu schrei­ben ist im Grunde ein Wider­spruch. Was ohne Gren­zen ist, schränke ich durch Begriffe nur ein. Den­noch liebe ich es, über Sein-Erfah­run­gen zu berich­ten. Dadurch öff­net sich viel­leicht hie und da eine Tür bei einem Men­schen, sich eben­falls auf die­sen wun­der­ba­ren Weg zu machen bzw. anzu­kom­men. Viel­leicht auch du?