Eine kleine Schule des Willens – Teil 1
Bestimmt warst du schon von Menschen beeindruckt, die scheinbar mühelos grosse Ziele erreicht haben. Oder du bewunderst eine Pflanze, die trotz felsigem Grund wächst und gedeiht. Wünschst du dir in solchen Momenten auch etwas mehr Willenskraft, um ein bestimmtes Vorhaben zu beginnen, vorwärtszukommen oder endlich zu beenden?
Was dir die Willensschulung bringt
Die kleine Schule des Willens hilft dir dabei, dieser komplexen und hochwirksamen Kraft auf die Spur zu kommen. Einem realisierten Traum, einer umgesetzten intuitiven Eingebung oder aber auch dem aktiven Handeln in Krisensituationen liegt stets ein Wille zugrunde.
Erst mit dem notwendigen Willen kannst du dein Potenzial und deine Fähigkeiten in Bewegung und zum Erblühen bringen. Damit meine ich jedoch nicht das verbissene Erzwingen gegen die eigene Natur, sondern die Erkenntnis, immer eine Wahl zu haben und eine Handlungsmöglichkeit zu finden, egal in welcher Situation.
Die 4 Aspekte des Willens
Die Willenskraft ist nicht bloss die Kraft, die du für die Umsetzung aufwenden musst, sondern vor allem auch die Kraft, die du bekommst, weil du etwas umsetzt. Selbstverständlich ist es manchmal anstrengend und fordert einiges von dir ab, das wäre ja sonst viel zu einfach ;-). Kennst du aber die Psychologie des Willens, findest du Lösungen auf kreative Weise. Damit versetzt du dich in einen schöpferischen Prozess und befindest dich bereits nicht mehr in der Opferhaltung oder im Problem-Modus.
Dieser erste Teil handelt von den vier Aspekten des Willens*. Sind in einem Vorhaben alle Aspekte harmonisch vertreten, steht dir viel mehr Energie für die Umsetzung zur Verfügung. Für die praktische Umsetzung bekommst du 4 Übungen als Starthilfe.
Der starke Wille
Im üblichen Sprachgebrauch wird Willenskraft meistens mit dem starken Willen gleichgesetzt. Disziplin, Beständigkeit, Mut, Hartnäckigkeit, Energie aber auch kraftvolle Bewegungen passen als Umschreibung. Auf einen starken Willen bist du angewiesen, um überhaupt lebensfähig zu sein. Beobachte, mit welcher Ausdauer ein Kind immer wieder aufsteht, bis es schliesslich laufen kann. Der starke Wille lässt dich auch über dich hinauswachsen und setzt in dir ungeahnte Kräfte frei, denn Leidenschaft ist der Antrieb. Vielleicht willst du unbedingt eine bestimmte Veranstaltung besuchen und setzt dazu Himmel und Hölle in Bewegung, vom eigentlich nicht vorhandenen Geld bis zur Kinderbetreuung.
Wird der starke Wille aber isoliert gelebt, entwickelt sich daraus oft Rücksichtslosigkeit, Sturheit, Egoismus und führt zu einem enormen Energieverschleiss, wenn damit etwas erzwungen wird.
Übung
Den starken Willen kannst du sehr gut trainieren, da es im Alltag von Möglichkeiten wimmelt. Wähle etwas aus (z. B. die Treppe statt den Lift, auf 10 Zählen, bevor du deinem Lieblingsmenschen etwas vorwirfst) und mache es einfach. Immer. Punkt.
Über mögliche Argumente, weshalb „immer“ nicht immer gehen soll, kommen wir ein andermal. Sollte es zu einem Unterbruch in der Durchführung kommen, machst du am nächsten Tag einfach weiter, als wäre nichts geschehen.
Der geschickte Wille
Hast du dir schon mal überlegt, wie gezielt und schlau du den Willen einsetzen kannst? Du hast ein Auto und willst von A nach B. Jetzt hast du die Möglichkeit, das Auto von A nach B zu schieben. Tönt ziemlich daneben und vor allem anstrengend, entspricht aber dem allzu oft angewendeten impulsiven Drauflosstürmen, ohne vorher zu überlegen. Du gehst effizienter vor, wenn du dich ins Auto setzt, den Motor anlässt und fährst. Der geschickte Wille benötigt meistens mehr Zeit (z. B. Fahrstunden), bietet aber dann unzählige Möglichkeiten (du kommst praktisch überall hin, nicht nur nach B). Die Kreativität spielt dabei eine wichtige Rolle, aber auch die Flexibilität, der Entdeckungsgeist, die Anpassungsfähigkeit und die Intuition.
Die Gefahren beim geschickten Willen liegen darin, ziellos von einer Idee zur nächsten zu wandern, sich zu verlieren, weil die Fähigkeit zur Entscheidung fehlt. Der geschickte Wille kann auch missbraucht werden, um andere zu manipulieren.
Übung
Tauche bei der Suche nach Lösungen tiefer ab als gewohnt. Das Gehirn, effizient wie es ist, schickt dir zuerst die Vorschläge, die bisher gut funktioniert haben. Nimm das zur Kenntnis, frage dich aber trotzdem weiter, ob es noch andere, neue Wege gibt. Bleibe in dieser offenen und aufmerksamen Haltung. Manchmal findest du eine Antwort in einem Songtext oder unter der berühmten Dusche.
Der gute Wille
Mit einem isolierten starken und geschickten Willen entsteht viel Schaden, was Menschen in Machtpositionen immer wieder unter Beweis stellen. Der gute Wille macht den Unterschied. Der Mensch lebt nicht für sich allein, er ist stets mit einem Umfeld verflochten. Daher beeinflussen deine Ziele in irgendeiner Weise auch andere (Familie, Freund*innen, Arbeitskolleg*innen, die Gesellschaft, die Umwelt etc.). Selbst wenn es dein Ziel ist, Menschen zu helfen, was ja per se ein guter Wille ist, brauchst du den Blick über den Tellerrand. Frage dich also immer, ob dein Vorhaben jemand anderem schadet oder zu Konflikten führt. Konflikte sollen dich nicht von deinem Weg abhalten, im Gegenteil. Doch auch sie mögen am Ende dem Guten dienen, verbinden statt trennen.
Ungesund äussert sich der gute Wille, wenn er einseitig eingesetzt und stur auf ein bestimmtes Ziel, und sei es noch so edel, gerichtet ist, ohne die so oder so vorhandenen Verknüpfungen zu beachten. Oder aber auch, wenn ein verstecktes Motiv zugrunde liegt, wie es beispielsweise beim Helfersyndrom der Fall ist.
Übung
Zu einem guten Willen findest du, wenn du dich in der Einfühlung übst. Auch dazu finden sich im Alltag viele Möglichkeiten. Bevor du beim Kaffeeklatsch unüberlegt die allgemeine Meinung übernimmst, versuche dich in die andere Seite hineinzufühlen. Es geht nicht darum, für alles und jeden ebenso ungefiltert Empathie zu empfinden. Hier geht es um die Entwicklung der Fähigkeit, eine andere Sichtweise überhaupt einmal zuzulassen. Das ist nicht immer einfach.
Der höhere Wille
Achtung, nun bewegen wir uns in der Meta-Ebene, bitte anschnallen! Es gibt einen Grund, weshalb dieser Aspekt gerne vergessen geht. Wer kann schon beweisen, ob es überhaupt einen höheren Willen gibt? Niemand, nur die eigene Erfahrung. Und das ist bekanntlich kein Beweis, da nicht allgemein übertragbar. Doch vor der Erfahrung steht die Sehnsucht.
Meiner Meinung nach ruht in jedem von uns Menschen eine tiefe Sehnsucht, die über die individuellen und egoistischen Ziele hinaus geht. Teil von etwas Grösserem sein, sich mit dem Göttlichen verbinden, das Ich-Gefühl loslassen, erwachen, Erleuchtung, das sind Begriffe zur Umschreibung dieser Sehnsucht. Auch wenn du dieses Bedürfnis im Moment nicht verspürst, kann es dennoch in dir existieren. In allem was wir tun, strebt ein Teil in uns, ob bewusst oder unbewusst, nach dieser höheren Erfahrung.
Der Psychologe Abraham Maslow hat kurz vor seinem Tod seine Bedürfnispyramide mit der „Transzendenz“ (alles, was über das üblich Wahrnehmbare / Erfahrbare hinaus geht) um eine 8. Stufe erweitert. Nach der Stufe der Selbstverwirklichung, die in unseren Breiten zurzeit sehr im Trend liegt, folgt also ein weiteres Bedürfnis, nämlich all das Erreichte wieder loszulassen. Damit ist nicht das Aufgeben oder Beenden gemeint, sondern ein veränderter Bezug dazu. „Nicht-Anhaften“ oder „Nicht-Identifikation“ nennen es die östlichen Philosophien. Erst dann ist die Sehnsucht gestillt und macht der erfüllenden Zufriedenheit Platz.
Was hat das nun mit dem Willen zu tun? Möglicherweise handelt es sich um das Tüpfelchen auf dem i. Du hast den starken, den geschickten und den guten Willen kultiviert, alles mit Herzblut umgesetzt, was es umzusetzen gibt, dennoch stockt dein Vorhaben? Es lohnt sich, dich in diesem Fall zu fragen, ob dein Ziel auch mit dem höheren Willen harmoniert. Bringt es dich diesem Ur-Bedürfnis nach Transzendenz näher oder entfernt es dich? Manchmal genügt es schon, sich einfach ein bisschen von allem zu lösen, sich innerlich zu distanzieren und die Haltung eines Beobachters einzunehmen, um das fehlende Puzzleteilchen an Erkenntnis zu finden.
Auch der höhere Wille birgt Gefahren. Er kann zu Allmachtsphantasien führen, zur Überzeugung, die ganze und für alle geltende Wahrheit zu besitzen und diese anderen aufzuzwingen.
Übung
Wie schon erwähnt, den höheren Willen kannst du nur selber erfahren. Alle Berichte, Schulungen und Gebrauchsanweisungen zur Transzendenz dienen dir lediglich als Inspiration und Motivation, dich auf deine eigene Suche zu machen. Die wohl wichtigste Übung dafür, seit Jahrtausenden erprobt, ist die Meditation, denn sie vereint gleichzeitig alle vier Aspekte des Willens. Wenn du jetzt den geschickten Willen einsetzt, machst du nur diese Übung und lässt die anderen drei bleiben… ;-). Du weisst nicht, wie du mit meditieren beginnen sollst? Damit kannst du starten: einfach. sein. LIVE.
Im 2. Teil erfährst du, wie der geschickte Wille mit deinem Schicksal zusammenhängt.
Wenn du Fragen zum Thema Willen hast, schreibe mir einfach eine E‑Mail.
Nun wünsche ich dir viel Freude beim Erkunden deines Willens und
sei einfach. intuitiv.!
* Die vier Aspekte des Willens stammen aus dem Buch „Die Schulung des Willens“ des italienischen Arztes und Psychiaters Roberto Assagioli (1888–1974). Die Willensschulung ist wiederum Teil der von ihm ebenfalls entwickelten Psychosynthese. Im August besuchte ich dazu eine mehrtägige Weiterbildung, die mich zu dieser Blog-Serie inspirierte.
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Wer schreibt da?
Mein Name ist Tanja Bischofberger. Über das Sein zu schreiben ist im Grunde ein Widerspruch. Was ohne Grenzen ist, schränke ich durch Begriffe nur ein. Dennoch liebe ich es, über Sein-Erfahrungen zu berichten. Dadurch öffnet sich vielleicht hie und da eine Tür bei einem Menschen, sich ebenfalls auf diesen wunderbaren Weg zu machen bzw. anzukommen. Vielleicht auch du?