Portale zum Sein
Vermutlich bist du auch schon bei jemandem mit der Türe ins Haus gefallen und hast dir dabei die Nase platt gedrückt. Deutlich weniger schmerzhaft ist es, wenn du durch ein Portal mitten ins Sein fällst. Das geschieht oft unverhofft, manchmal helfen alltägliche Tätigkeiten wie das Putzen.
Portal ist nicht gleich Portal
Zuerst möchte ich einer Verwechslung vorbeugen. Ich beziehe mich mit der Bezeichnung Portal nicht auf die sogenannten «Portaltage» des Maya-Kalenders. Dieses Konzept orientiert sich an festgelegten Daten, an denen der Schleier zu anderen Dimensionen dünn und die daraus stammende Energie für den empfänglichen Menschen spürbar ist. Manche fühlen sich dadurch erschöpft und kämpfen mit Schlafstörungen, andere sind intuitiv-kreativ oder begegnen während dieser Zeit wiederkehrenden Lebens-Themen, um daraus zu lernen.
So wie ich für mich das Sein erfahre, löst sich darin eben gerade das Gefühl von Trennung auf. Da sind keine anderen Dimensionen oder Schwingungen, die ich zeitweise mehr oder weniger spüre. Alles ist schon da, in diesem Moment, unabhängig von einem Datum, denn die Zeit an sich ist ja auch nur ein Konzept (vgl. meinen letzten Beitrag). Fällst du also durch ein Portal ins Sein, erkennst du dich in deiner wahren Natur, was sich dann etwa so ausdrückt: Es gibt keine anderen Dimensionen, du bist alle Dimensionen.
Ich weiss, die Bezeichnung Portal im Zusammenhang mit dem Sein ist eigentlich falsch (vor der Tür und hinter der Tür gibt’s ja nichts bzw. das Gleiche), doch es klingt so wunderschön imposant und zudem passt das zum obigen Bild, welches ich auf einer Frankreichreise aufgenommen habe. Manchmal dürfen die Dinge auch ganz profan sein.
Putzen bis in alle Ewigkeit
Lustigerweise erlebe ich Seins-Momente oft bei der Hausarbeit (dennoch glänzt und blitzt es keineswegs in meiner Wohnung, hie und da saust auch mal eine Wollmaus übers Parkett). Vielmehr zeigt mir diese Erfahrung, dass nicht die Art der Tätigkeit massgeblich ist, sondern die Aufmerksamkeit, mit der ich sie ausführe.
Tatort Küche: Hier gibt es viele Flächen, die geputzt werden wollen. Ideal, um ein bisschen in Tagträumereien zu verschwinden, schliesslich erledigen meine Hände die Arbeit wie von selbst. Kürzlich habe ich mich aber ganz bewusst auf diese Putztätigkeit fokussiert. Ich spürte den Lappen in der Hand, das Gleiten über der Oberfläche, die Dichte des Marmors. Meine Aufmerksamkeit durchdrang die gegenwärtige Arbeit bis ins kleinste Detail, nichts anderes existierte. Und dann war sie plötzlich da: Die Ewigkeit. Oder zumindest ein Gefühl von Ewigkeit. Vielleicht war da für einen winzigen Moment die Empfindung von Hineinfallen oder einer unendlichen Ausdehnung. Den massiven Stein spürte ich plötzlich als Schwingung und ohne Begrenzung.
Das Ganze dauerte nur kurz, sozusagen ein Gruss aus der Küche als Erinnerung, was ich, wir alle, in Wahrheit sind. Ewiges Bewusstsein.
Finde dein Portal
Du musst natürlich jetzt nicht sofort den Wischmopp schwingen, wenn du dir davon ein ähnliches Resultat erhoffst. Jede Tätigkeit, die du bewusst ausführst, birgt in sich das Potenzial einer Seins-Erfahrung. Lasse dich dabei aber nicht von der Erwartung verführen. Sie wird dich nur enttäuschen. Nicht das Ergebnis ist relevant (naja, gegen eine saubere Küche ist nichts einzuwenden), sondern die Wahrnehmung des jeweiligen gegenwärtigen Moments.
Wenn du deine Katze kraulst, kraule wirklich die Katze und träume nicht vom nächsten Urlaub, während deine Finger durch das Fell gleiten. Wenn du im Supermarkt Regale einräumst, räume Regale ein, ohne dich an einen anderen Ort zu wünschen. Mähst du den Rasen, mähe den Rasen und lasse die Vorstellung los, hinter dem Steuerrad eines Porsches zu sitzen.
Das zu tun, was du genau jetzt tust, und nur das, lässt in dir eine heilsame Ruhe entstehen, daraus wachsen Bescheidenheit und Mitgefühl für andere. Deine Handlungen haben ihren Ursprung nicht mehr im Kopf, geprägt von alten Denkmustern, sondern wirken aus der Tiefe, sind nachhaltig und weise.
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Keine Ahnung, weshalb dieser Blog schon wieder von der Gegenwärtigkeit handelt. Möglicherweise brauchen wir in diesen Zeiten der Unruhe umso mehr die innere Ruhe, um aus der Liebe heraus zu handeln.
Wer schreibt da?
Mein Name ist Tanja Bischofberger. Über das Sein zu schreiben ist im Grunde ein Widerspruch. Was ohne Grenzen ist, schränke ich durch Begriffe nur ein. Dennoch liebe ich es, über Sein-Erfahrungen zu berichten. Dadurch öffnet sich vielleicht hie und da eine Tür bei einem Menschen, sich ebenfalls auf diesen wunderbaren Weg zu machen bzw. anzukommen. Vielleicht auch du?