Intuition — alles Hokuspokus, oder was?

Felix und Paula besucht­en den Vor­trag ihrer gemein­samen Bekan­nten Ella. Diese referierte lei­den­schaftlich über das The­ma Intu­ition und betonte, dass jed­er Men­sch diese Fähigkeit habe. Am Schluss erk­lärte Ella, dass sie vor dem Anlass einen Gegen­stand in die schwarze Box gelegt hat, die sich auf der Bühne befand. Die Anwe­senden soll­ten intu­itiv wahrnehmen, welche Eigen­schaften dieser Gegen­stand aufwies (Form, Farbe etc.). Ein Ding der Unmöglichkeit, fan­den die bei­den Fre­unde. Nichts als Hokus­pokus. Felix ist Ratio­nal­ist, Paula glaubt an Gott.

Truhe steht für Hokuspokus

Was nicht erklärbar ist, ist Hokuspokus

Felix: Das war wirk­lich eine selt­same Übung, Ella. So etwas kann ein­fach nicht funk­tion­ieren.
Ella: Warum nicht? Du hast doch gese­hen, wie viele Men­schen Teile des Gegen­standes wahrnehmen kon­nten. Manch­mal nur die Farbe oder die Form. Das zeigt doch, dass wir diese Wahrnehmungs­fähigkeit haben?
Felix: Wis­senschaftlich ist das nicht halt­bar. Es ent­behrt jed­er Logik.
Ella: Und wie erk­lärst du dir dann all die wis­senschaftlichen Ent­deck­un­gen?
Felix: Das ist reine Denkar­beit und harte Arbeit.
Ella: Bis zu einem gewis­sen Punkt sich­er. Doch immer mehr Wis­senschaftler bezeu­gen, dass es in ihren Forschun­gen einen bes­timmten Moment gab, in denen ein Zusam­men­hang plöt­zlich ersichtlich wurde. Von ein­er ratio­nalen Erk­lärung fehlte jede Spur, es gelang ihnen aber, die Richtigkeit der Einge­bung zu beweisen.
Felix: Gibt es Beispiele?
Ella: Albert Ein­stein, Wern­er Heisen­berg oder Melvin Calvin. Von ihm kann ich dir sog­ar ein Zitat bieten, als er die Foto­syn­these ent­deck­te: „Sie (die Erken­nt­nis) kam gewis­ser­massen aus dem Nichts — urplöt­zlich — und genau­so plöt­zlich, inner­halb von Sekun­den, sah ich den Weg des Kohlen­stoffs bei der Foto­syn­these vor meinem geisti­gen Auge.“
Felix schweigt einen Moment.
Ella: Die Intu­ition will die Denk­fähigkeit und Forschungs­freude nicht klein machen oder gar abschaf­fen. Im Gegen­teil, sie kann diese sog­ar erweit­ern! Ger­ade ein vor­bere­it­eter Geist in einem wis­senschaftlichen Fachge­bi­et, ist ein guter Nährbo­den für die Intu­ition. So entste­hen die Aha-Momente und etwas Neues wird ent­deckt.

Das göttliche Dilemma

Ella: Du bist so still, Paula?
Paula: Ich habe kein Prob­lem damit, an etwas zu glauben, das ich nicht erk­lären kann. Du kennst mich ja noch aus der Zeit in der evan­ge­lis­chen Jugend­gruppe. Für mich fühlt sich das jedoch unheim­lich an, nach einem Gegen­stand in ein­er Box zu fra­gen. Wen frage ich da über­haupt? Und vor allem, wer gibt mir Antwort? Gott möchte ich für solche Spiel­ereien nicht ein­beziehen.
Ella: Lass mich eine Gegen­frage stellen. Wie oft hast du mir erzählt, dass du immer weisst, wer dich anruft? Oder dass du spürst, wenn jemand Kopf- oder Bauch­weh hat, obwohl die Per­son nichts gesagt hat? Das find­est du nicht selt­sam?
Paula: Nein, diese Infor­ma­tion kommt ja ein­fach zu mir. Da kann ich nichts dafür.
Ella: Wenn du dich vor dem Tre­f­fen mit ein­er Fre­undin fra­gen würdest, wie es ihr geht, wäre das auch nicht selt­sam?
Paula: Hm, nein. Ich frage mich ja immer mal wieder, wie es dieser oder jen­em geht.
Ella: Siehst du, dein Gespür für Men­schen ist ein­fach schneller, als du zu fra­gen ver­magst. Der Gegen­stand ist in der Kiste, ob du nun davon weisst oder nicht. Du kannst die Fähigkeit dazu entwick­eln, diese Tat­sache abzu­rufen, so wie du das Befind­en in deinem Umfeld spürst. Schall­wellen siehst du auch nicht, dein Ohr wan­delt diese um und du hörst etwas. Die Intu­ition macht dir eine bes­timmte vorhan­dene Infor­ma­tion lediglich bewusst, sodass du darauf reagieren kannst.
Paula: So betra­chtet ist da eigentlich nichts Mys­tis­ches oder Eso­ter­isches dabei, wenn ich die Intu­ition als zusät­zlichen Sin­neskanal betra­chte.
Ella: Genau. Die Intu­ition will dich nicht von Gott ent­fer­nen, im Gegen­teil. Sich intu­itiv mit dem Göt­tlichen zu befassen ist sehr bere­ich­ernd und geht über die the­ol­o­gis­che Inter­pre­ta­tion hin­aus. Das ist kein Wider­spruch zum Glauben. Doch manch­mal sitzt die Vorstel­lung tief, dass man sich geistlich nicht entwick­eln soll oder darf.
Paula: Span­nend, ich merke schon seit einiger Zeit, dass sich mein Gottes­bild verän­dert. Das verun­sichert mich. Deshalb wohl meine Skep­sis.

Eine Frage des Vertrauens

Felix: Jet­zt muss ich noch was ein­wer­fen. Wenn wir also die Intu­ition über alles befra­gen kön­nen, dann wäre es auch möglich, die richti­gen Lot­tozahlen vorherzuse­hen?
Paula: Genau. Und alle Prob­leme in der Welt kön­nten gelöst wer­den!
Ella: Da habt ihr in gewiss­er Weise recht. Wenn wir alle wirk­lich intu­itiv leben wür­den, gäbe es manche Schwierigkeit­en nicht und es wäre vielle­icht nicht ein­mal mehr wichtig, im Lot­to zu gewin­nen.
Paula: Dann sollte das doch nicht so schw­er sein?
Ella: Es fehlt am Ver­trauen in die Intu­ition. In unser­er west­lichen Kul­tur ist diese Form der Wahrnehmung verküm­mert. Unerk­lär­liche Phänomene, wie Vorah­nun­gen, Geis­tes­blitze, klares Wis­sen, empfind­en wir als selt­sam. Ganz anders in vie­len indi­ge­nen Völk­ern. Da ist es eine Selb­stver­ständlichkeit, sich telepathisch über kilo­me­ter­weite Dis­tanzen zu ver­ständi­gen.
Felix: Und die Übung mit der Box soll das Ver­trauen stärken?
Ella: Richtig. Du kannst nur dann her­aus­find­en, wie du intu­itiv etwas wahrn­immst, wenn du anschliessend über­prüf­st, ob du richtig gele­gen bist. Je mehr du trainierst, umso genauer wer­den deine Wahrnehmungen und umso mehr ver­traust du dein­er Fähigkeit. Erst mit diesem Ver­trauen gelingt die vol­lkommene Inte­gra­tion der Intu­ition im Leben.
Felix: Nun gut, ich muss das in Ruhe nochmals über­denken. Aber die Beze­ich­nung Hokus­pokus nehme ich defin­i­tiv zurück.
Paula: Ich auch. Kann ich die Übung mit der Box nochmals pro­bieren?
Ella: Aber sich­er!


Ganz unter­schiedliche Anfra­gen haben mich zu diesem fik­tiv­en Gespräch inspiri­ert. Ich habe näm­lich auch einen Felix und eine Paula in mir und natür­lich eben­so eine Ella. Tönt das kryp­tisch? Dann find­est du hier meine Geschichte.

Literaturtipps

  • Für Felix: „The intu­itiv edge“ von Philip Gold­berg
  • Für Paula: „Gott 9.0“ von Mar­i­on Küsten­mach­er, Tilmann Haber­er und Wern­er Tiki Küsten­mach­er

Willst du die Übung auch ausprobieren?

Jede Woche kannst du mit einem neuen Gegen­stand deine intu­itive Wahrnehmung trainieren. Die Auflö­sung zeigt dir dann, wie tre­f­fend die Infor­ma­tio­nen waren.

einfach-sein-tabi

Wer schreibt da?

Mein Name ist Tan­ja Bischof­berg­er. Über das Sein zu schreiben ist im Grunde ein Wider­spruch. Was ohne Gren­zen ist, schränke ich durch Begriffe nur ein. Den­noch liebe ich es, über Sein-Erfahrun­gen zu bericht­en. Dadurch öffnet sich vielle­icht hie und da eine Tür bei einem Men­schen, sich eben­falls auf diesen wun­der­baren Weg zu machen bzw. anzukom­men. Vielle­icht auch du?